Fast Food macht abhängig wie Heroin

Studie zeigt Zuckerabhängigkeit und Entzugserscheinungen bei Ratten

Bartley Gore Hoebel, Professor of Psychology at Princeton University, Princeton New Jersey USA. Photo: Denise Applewhite, 2002

Immer Menschen behaupten von sich „Ich bin süchtig nach Zucker“. Jetzt zeigt eine Studie von Prof. Bart G. Hoebel, Gehirnforscher an der renommierten Princeton University in New Jersey, dass starkes Verlangen nach Zucker tatsächlich eine Form von Abhängigkeit sein kann, die einige psychologische Eigenarten der Drogenabhängigkeit aufweist.

In Zeitschriften und TV-Beiträgen taucht der Begriff „Zuckersucht“ häufig auf, aber es gab bisher keine wissenschaftlichen Untersuchungen darüber, dass eine Abhängigkeit von Zucker tatsächlich möglich ist, erklärt Bart Hoebel, der die Studie leitete. Hoebel und seine Kollegen untersuchten Ratten, die zum starken Zuckerkonsum angeleitet wurden und dann auffällige Entzugserscheinungen zeigten, darunter das typische Zähneklappern und chemische Veränderungen im Gehirn, sobald der Zuckerkonsum eingeschränkt wurde. Diese Symptome entsprechen denen des Drogenentzugs.

Zucker, sagt Hoebel, löst im Gehirn die Produktion körpereigener Opioide aus. „Wir gehen davon aus, dass dies ein Schlüssel der Abhängigkeit ist“, erklärte er. „Das Gehirn wird von seinen eigenen Opioiden genauso abhängig wie von Morphin oder Heroin. Drogen wirken stärker, aber der Vorgang ist im Grunde identisch.“

Hoebel wies darauf hin, dass übermäßiges Verlangen und Entzugserscheinungen nicht die einzigen Aspekte der Sucht seien, und dass weitere Untersuchungen das Bild vervollständigen müssten. Es sei auch noch nicht klar, wie exakt die Ergebnisse auf Menschen angewendet werden könnten, sagte er.

Den größten Nutzen der Studie sieht Hoebel darin, dass sie ein Modell der Zuckerabhängigkeit bei Tieren liefere, auf dessen Grundlage die Verbindungen zwischen Esssucht und Gehirnphysiologie weiter erforscht werden könne.

Es sei außerdem noch nicht klar, wie die Ergebnisse der Studie denjenigen helfen könnten, die sich dem Zuckerkonsum hilflos ausgeliefert sehen, bemerkte er. „Leider ist es sehr schwierig, Abhängigkeiten zu behandeln,“ sagte er. „Aber es ändert vielleicht die Art, wie Menschen mit der Störung umgehen; haben wir es hier doch mit einer suchthaften Veränderung zutun, und nicht mit mangelnder Willenskraft.“

„Ich denke, dass die Ergebnisse interessant und faszinierend sind und eine neue Sichtweise der Esssucht vermitteln,“ sagte Harry Kissileff, Psychologe und Experte für menschliche Ernährung an der Columbia University. Kissileff stimmte damit überein, dass die von Hoebel untersuchten Ratten ein wichtiges Erklärungsmodell liefern, aber er würde nicht so weit gehen wollen, Zucker in die Kategorie der Drogen einzuordnen.

„Es gibt Übereinstimmungen zwischen den neurologischen Systemen, die Nahrungsaufnahme und Sucht kontrollieren,“ sagte Kissileff. „Ich bin nicht sicher, dass sie notwendigerweise Essen suchterzeugend machen.“

In ihren Experimenten ermunterten Hoebel und Kollegen die Ratten zu Fressattacken, indem sie den Tieren in der Nacht und über das Frühstück hinaus 12 Stunden lang das Futter vorenthielten, und dann ernährungsphysiologisch ausgewogene Nahrung plus Zuckerwasser anboten. Die Tiere steigerten ihre tägliche Zuckeraufnahme allmählich bis zur doppelten Dosis, wovon sie den größten Teil innerhalb der ersten Stunde nach der Fütterung verzehrten.

Als die Forscher den Zuckeranteil der Nahrung plötzlich zurückhielten, stellte sich bei den Ratten Zähneklappern ein, ein typisches Zeichen des Entzugs. Einigen Tieren wurde der Zucker vorenthalten und gleichzeitig ein Mittel verabreicht, das die Opioid-Rezeptoren im Gehirn blockiert. Zusätzlich zum Zähneklappern zeigten diese Tiere Angst und eine Umkehr des üblichen Gleichgewichts von Neurotransmittern im Motivationssystem des Gehirns.

Tiere, die zu Fressattacken mit normalem Futter ohne Zucker angehalten wurden, und Opioid-Blocker erhielten, zeigten keine Entzugserscheinungen. Tiere, die regelmäßig Futter und Zuckerwasser erhielten, und sich deshalb ohne Fressattacken ernährten, zeigten ebenfalls keine Entzugserscheinungen.

„Die Implikation,“ sagte Hoebel, „ist, dass einige Tiere, und einige Menschen, vom süßen Essen allzu abhängig werden können, besonders wenn sie mit dem regelmäßigen Essen aufhören und sich Fressattacken hingeben. Hier kann ein Zusammenhang mit der Essstörung Bulimie bestehen.“

Hoebel stellte fest, dass seine Ratten als „zuckerabhängig“ bezeichnet werden sollten, da er bei ihnen bisher noch nicht alle drei Aspekte der Sucht nachgewiesen hat: ein Verhaltensmuster der gesteigerten Nahrungsaufnahme und Veränderungen der Gehirnchemie; dann Entzugserscheinungen und weitere Veränderungen der Gehirnchemie in Folge von Entzug; und drittens, heftiges Verlangen und Rückfall sobald der Entzug endet. Experimente in Hoebel’s Laboratorium haben bis jetzt die ersten zwei Punkte gezeigt, während laufende Experimente das Verlangen und den Rückfall an Ratten untersuchen. Hoebels Forschungsergebnisse wurden in der Juni-Ausgabe der Fachzeitschrift Obesity Research veröffentlicht.

Sugar on the brain: Study shows sugar dependence in rats denied sugar, bingeing rats suffered withdrawal

Quelle: Princeton University

Körper und Gesundheit